Gedanken zum Monatsspruch Juni 2019

Freundliche Reden sind Honigseim, süß für die Seele und heilsam für die Glieder.
Sprüche 16,24

Wann habt ihr zuletzt freundliche, aufbauende Reden gehört, die Euch, wie der Bibelvers für Juni sagt, „süß wie Honigseim“ und „heilsam für die Glieder“ waren? Freundliche Reden – darunter verstehen wir oft Lob. „Das geht runter wie Öl“, sagen wir, wenn wir ein Lob bekommen, von dem wir vielleicht selbst ein wenig überrascht sind. Genau wie das Öl stand der Honig im alten Israel für etwas Angenehme, etwas Wohltuendes. Der Vergleich mit Honig verdeutlicht, dass gute Worte nicht bloß im Kopf ankommen, sondern dem ganzen Körper guttun können, genauso wie böse Worte Schmerz verursachen, als bekäme man einen „Schlag in die Magengrube“.

Aber, wie alles im Leben, ist das mit den „süßen“ Worten so eine Sache. Wer dem anderen „Honig ums Maul schmiert“, hegt meist zweifelhafte Absichten. Worte können süß und angenehm sein, aber im Nachhinein „bitter aufstoßen“ und vergiftet sein, wenn sich herausstellt, dass damit böse Zwecke verfolgt wurden. Gerade ist der erste Wahlkampf in diesem Jahr zu Ende. Viele Reden wurden gehalten, aber meist war der Inhalt eher mahnender oder kritischer Art. Die eine oder andere Wohltat wurde zwar auch versprochen, aber oft glauben wir den Versprechen nicht mehr. Zu oft wurden wir enttäuscht. Aber nicht nur in der Politik – auch im Zusammenleben von uns, in der Arbeit der Vereine und im allgemeinen Dorfalltag überwiegen oft die kritischen, manchmal auch unberechtigt harten Worte. Mit Lob sind wir sparsam, mit Kritik überaus großzügig. Gehässig und sarkastisch werden unsere Worte schnell. Manchmal wünscht man sich, so manches Gespräch besser nicht geführt, so manche Rede nicht gehört zu haben, weil es nur Zwietracht säte und nichts zum gelingenden Miteinander beiträgt.

Den passenden Maßstab für Lob und Tadel kann man in der Bibel finden. Ihre Worte sind manchmal sogar noch süßer als Honig. Wer die Bibel studiert, lernt auf angenehme Weise das Gute. Bibellesen finden wir allerdings altbacken und die meisten wollen damit nichts zu tun haben. Vieles rutscht uns nicht so „glatt“ die Kehle herunter, manche Worte verstehen wir nicht, wollen es oft auch gar nicht verstehen und es uns erst recht nicht im Gottesdienst darlegen lassen. Doch sollten wir nicht zu schnell aufgeben, denn der Geschmack kommt bekanntlich beim Essen. Dazu eine kleine Begebenheit. Der Prophet Ezechiel wird von einem himmlischen Boten aufgefordert, eine Schriftrolle zu essen, die lauter Anklagen gegen das Volk Israel enthält, das sich von Gott abwendet. Doch während des Essens werden dem Propheten die bitter erscheinenden Worte im Mund „süß wie Honig“, denn es sind Worte, die die Wunden und Verletzungen zwar offenlegen, aber wie Honig einen kratzenden Hals auch lindern helfen.

Bibellesen kann, so absurd es für die meisten von Euch klingen mag, den Blick auf eine Situation verändern. Es kann helfen, zu unterscheiden, wann man wem etwas Bestimmtes sagt und vor allem wie. Sei es ein Lob, oder auch mal eine Rückmeldung, die dem anderen im ersten Moment nicht „schmeckt“, sich später aber positiv auf die gemeinsame Beziehung auswirkt, weil sie ehrlich war. Dem anderen etwas so zumuten, dass er oder sie es für sich annehmen kann. Diese Kunst bekommen wir zwar selten hin, aber vielleicht könnte es uns in unserem Miteinander in so mancher Situation helfen. Es bliebe uns zu wünschen.

Chris Schönefeld